Strommangel im Aargau – so geht kluge, linke Energiepolitik

Für alle Fachleute ist es klar – höchstwahrscheinlich haben wir im Q1 2023 zeitweise zu wenig Strom – niemand will etwas unternehmen, dass es nicht so weit kommen wird. Am 18. August erklärte die Kantonsregierung, dass viel tut, um diese Mangellage zu administrieren aber dass sie eigentlich nichts unternimmt, damit sie nicht eintreten soll. Heute wollen wir kurz skizzieren, was aus linker Sicht zu tun wäre, warum es eigentlich ganz einfach ist – und was jede Gemeinde, jede Sektion jetzt konkret unternehmen kann.

1. Die mögliche Stromknappheit wirft ihre Schatten voraus – die Strompreise explodieren – der Markt versagt.

Noch haben wir keine Stromknappheit, doch die Strompreise für den kommenden Winter explodieren, weil alle die Stromknappheit erwarten. Der Markt versagt bereits vollständig, wenn die Knappheit von lebensnotwendigen Gütern wahrscheinlich wird. Am 6. September liegt der Strompreis an der europäischen Strombörse um den Faktor 10 höher als vor einem Jahr. Die AXPO rechnet damit, dass er weiter steigen kann und holt sich darum beim Bund einen «Sicherheitskredit» von 4 Milliarden. Und die Schweiz hofft, dass die 30 (von 56) stillstehenden französischen AKW, bis im Winter wieder laufen. Denn dann wäre der Spuk vorbei.

2. Der Regierungsrat will nichts unternehmen, damit die Stromknappheit gar nicht eintritt – sie will nur die Folgen besser abfedern.

Die Kantonsregierung präsentierte am 18. August ihren Plan, um die Mangellage zu bewältigen – aber sie hat keinen, um die Mangellage zu verhindern! Alles was sie tut ist, die kommende Katastrophe «gerechter» und «rationaler» zu verteilen. Und es wird deutlich, dass die möglichen volkswirtschaftlichen Schäden enorm wären. Dabei wäre es für den Kanton und die Gemeinden recht einfach, wichtige Beiträge zur Verhinderung zu leisten. Sie müssten sofort und ganz entschieden eine PV-Zubau-Offensive und ein Strom-Effizienzsteigerungsprogramm starten.

3. Aber niemand fühlt sich für den schnellen Zubau verantwortlich

alle starren auf den Bund, der nicht darf, auf den Kanton, der so tut, als ob das nicht seine Aufgabe sei und auf die «Energiewirtschaft», die nicht will. Ein eigenartiges Vakuum ist spürbar. Und niemand wagt auszusprechen, dass die Strom-Wirtschaft zu über 80% der öffentlichen Hand (Kantone, Gemeinden) gehört. Aber diese wagt sich nicht, als Eigentümer aufzutreten und ihren Firmen zu sagen, was sie von Ihnen erwarten: ihren Schweizer Kunden zuverlässig Strom zu einem vernünftigen Preis zu liefern und auf exorbitante Gewinne zu verzichten. Denn was nützen exorbitante Gewinne, wenn Teile der energieintensiveren Firmen Konkurs gehen und immer mehr Menschen immer tiefer ins Prekariat rutschen. Die Gemeinden müssen als Eigentümer wieder direkten politischen Einfluss darauf nehmen, dass ihre Werke die Besitzerinteressen an zuverlässigem, nachhaltigem Strom zu fairen Preisen wieder zum Zentrum ihrer Ziele machen.

4. Eine Linke Energiepolitik in dieser Mangellage muss das Ganze sehen und verschiedene Teile gleichzeitig richtig machen:

Eine «solidarische Bewegung» entfachen; ganz gezielt alle Akteure engagieren, motivieren, ermächtigen und unterstützen (Gemeinden, EVU, Betriebe, Hausbesitzerinnen, Schulen und Hochschulen…

Nachhaltigkeit leben – das kurzfristige Handeln – (Grundbedürfnisse für alle sichern) – mit den langfristigen Zielen – die Energiewende sichern – in Einklang bringen

Gerechtigkeit schaffen, indem wir die Krisen-Gewinnler stoppen, die Superpofite abschöpfen resp. die Preise für Schweizer Kunden deckeln 

Solidarität leben, in dem wir die verbleibenden sozialen Ungerechtigkeiten, die mit der Energiewende und der Klimakrise verbunden sind, direkt bekämpfen

Freiheit und Entfaltung ermöglichen, in dem wir den verschiedensten Gruppen Raum für Innovationen und Veränderungen geben, die mithelfen, unser Ziel – die Stromlücke zu verhindern – zu erreichen

5. Die öffentliche Hand muss jetzt notfallmässig PV-Strom zubauen –

die Gemeinden, die Kantone und ihre Energiefirmen, nicht aber der Bund, haben diese Rechte und Pflichten, den Strom herzustellen oder herstellen zu lassen. Und diese Pflicht müssen jetzt wahrnehmen.

Der Regierungsrat kann sofort an den Autobahnböschungen PV-Anlagen erstellen, der Bund gibt diese kostenlos frei. Bis Dezember 2022 könnten 2 MW Leistung installiert werden, bis Februar 23 ganze 10 MW, bis April gar 40 MW. Dazu haben wir einen Projektplan erstellt und nachgewiesen, wie das in dieser kurzen Zeit möglich wäre, wenn man wollte.

Die Gemeinden können auf ihrem Gebiet ebenso schnell PV-Anlagen an Lärmschutzwänden, auf Dächern und an den Fassaden der gemeindeeigenen Gebäude und Anlagen errichten.

Die 13 EVU’s, die schon lange eigene Kraftwerke betreiben, sind bestens vorbereitet, selber schnell mit eigenen Mitteln PV-Anlagen in Ihrem Marktgebiet zu erstellen.
Zusammen mit den anderen 88 EVU’s, die keine namhafte Eigen-Stromproduktion haben, ändern sie per sofort die Rückliefertarife für private PV-Strom-Einspeiser von heute 5- 10 Rp/KWh auf 15-20 Rp/KWh. Und sie verpflichten sich, diese Preise während 10 Jahren zu garantieren (Weitere Angaben können dem folgenden Dokument entnommen werden).

6. Effizienz-Programme durchführen – bei Unternehmen und Hausbesitzern

Die massiven und unerwarteten Preisexplosionen haben auch eine gute Seite – plötzlich wird es lohnend, das bisherige (verschwenderischen) Strom-Konsum-Verhalten zu überprüfen. Aus einer umfangreichen Studie des BfE wissen wir, dass wir im Aargau mit sehr wenig Aufwand rund 160 GWh /Jahr eingespart werden könnte – das ist mehr als die AEW mit ihren Kraftwerken selber produziert. Dazu bedarf es aber eines intensiven Informations- und Schulungsprogramms (für mehr Informationen siehe folgendes Dokument).